Erneuter AfD-Parteitag, diesmal an multikultureller Schule


Die Hamburger AfD muss schon wieder einen Landesparteitag abhalten. Dieses Mal soll er in der „Beruflichen Schule für Medien und Kommunikation“ am Eulenkamp im Stadtteil Dulsberg stattfinden: Der Parteitag beginnt am Freitag, den 10. Januar 2020, um 18 Uhr und wird voraussichtlich bis zum Samstag gehen. Dies dürfte an der Schule auf wenig Verständnis treffen. Der dritte Parteitag innerhalb von fünf Monaten ist der unprofessionellen Arbeit der Hamburger AfD geschuldet, die mehr Wert auf rechte Propaganda, als auf seriöse Parteiarbeit legt.

Chaotische Parteiführung bisher ohne Wahlprogramm

Der momentane Landesvorstand scheint die Partei nicht besonders planmäßig zu führen. Vor dem letzten Parteitag wurde bekannt, dass die von Spendenskandalen geschüttelte Partei auch in Hamburg ihre Bücher nicht fristgemäß geführt haben soll, hat sie doch über drei Jahre keine Rechenschafts- und Finanzberichte vorgelegt. Zum Januarparteitag  muss der Landesschriftführer dem Parteivolk ausführlich erklären, warum nun schon wieder ein Parteitag nötig sei, schließlich gab es erst im September und im Oktober 2019 jeweils zweitägige Versammlungen. In der AfD-Watch Hamburg vorliegenden Einladung  bittet Schriftführer Krzysztof Walczak  um „Verständnis“ bei den Mitgliedern. Die Partei hatte bei den letzten beiden Parteitagen versäumt, einen neuen Landesvorstand zu wählen. Da jetzt jedoch „die Amtszeit des Landesvorstandes ausläuft und insofern eine zeitnahe Neuwahl zwingend ist“, müssen sich die Mitglieder schon wieder für ein Wochenende versammeln.

Ebenfalls scheint die AfD-Führung verschlafen zu haben, sich rechtzeitig um geeignete Räume zu kümmern. Ab Sonntag, den 12. Januar, beginnt nämlich die Sperrfrist für die Nutzung öffentlicher Räume durch Parteien während des Wahlkampfes. Die Mitglieder werden vorab vorgewarnt, dass sie damit rechnen müssten, dass man, nach einer langen Arbeitswoche, „am Freitagabend, für eine längere Zeit tagt“. Walczak weist auch „rein vorsorglich darauf hin, dass der genaue Ablauf des Landesparteitages vom Landesparteitag selbst bestimmt wird“, eine verbindliche Tagesordnung sei nicht möglich.

Auch das Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl 2020, dessen Entwurf uns schon im Oktober vorlag und den wir entsprechend kommentierten, ist immer noch nicht veröffentlicht. Die von der AfD als „Systemparteien“ gescholtenen Konkurrent*innen haben diese Aufgabe alle zeitgerecht erfüllt. Insgesamt sind die kurzfristige Einladung und die diversen Versäumnisse ein schlechtes Zeugnis, welches sich der aktuelle Landesvorstand ausstellt.

Der alte Vorstand – deutlich rechts und zerstritten

AfD-watch Hamburg hatte schon in einem vorherigen Beitrag darauf hingewiesen, dass sich die bundesweite Rechtsentwicklung der AfD auch in den Veränderungen im Hamburger Landesvorstand widerspiegelt. Gleichzeitig ist die Parteiführung aber auch durch die Konkurrenz von Alexander Wolf und Dirk Nockemann geprägt. Vor der letzten Vorstandswahl 2017 kam es zum Machtkampf zwischen den beiden, bei dem Wolf durch eigene Parteileute bloßgestellt wurde, indem sie das berüchtigte Nazi-Liederbuch aus Wolfs Studentenzeit an die Medien durchstachen. Und der Machtkampf zwischen den beiden Alphatieren hält bis heute an: Beim Wahlparteitag im September zur Aufstellung der Kandidat*innenliste für die Bürgerschaftswahl  brach Nockemann kurzfristig eine Absprache und ließ sich zum Spitzenkandidat wählen. Es bleibt also spannend, ob der Machtkampf kurz vor der Wahl weitergeht – wo die AfD doch so gerne Geschlossenheit demonstrieren möchte.

Der Versammlungsort eine besondere Provokation

Dass die AfD nur noch auf staatlich verwaltete Räume zurückgreifen kann, ist ihrer Unbeliebtheit in Hamburg geschuldet. Hatten früher Versammlungen noch in nicht staatlichen Räumen, wie dem Alsterforum, den Elbarkaden oder dem Bürgerhaus Wilhelmsburg stattgefunden, so ist die Partei dort inzwischen nicht mehr willkommen. Auch die Gastronomie geht weitestgehend auf Distanz zur AfD. Nun will sich die AfD an einer Schule treffen. Dabei ist es ausgerechnet diese Partei, welche seit zwei Jahren ein Petzportal betreibt, auf dem ihr unliebsame Lehrkräfte angeprangert werden sollen. Und es ist diese Partei, welche Schüler*innen oder gar ganze Schulen, die sich gegen die AfD engagieren, diffamiert und ihnen politisches Engagement verbieten möchte.

Dass sich die AfD Hamburg nun an der Beruflichen Schule für Bildung und Kommunikation am Eulenkamp treffen will, ist eine zusätzliche Provokation, denn ein erster Blick auf die sozialen Medien der Schule zeigt, dass diese von kultureller und religiöser Vielfalt geprägt ist. Die Schülerinnen der Schule betreiben ein eigenes journalistisches Projekt namens Eulenblog. Die angehenden, ausschließlich weiblichen Journalistinnen stammen aus Afghanistan, Syrien, dem Iran, Armenien, Polen, Bulgarien und Deutschland, die jüngsten sind erst 17 Jahre alt. Diese Selbstorganisierung von jungen Frauen mit oder ohne Migrationshintergrund ist gelebte Multikultur und Emanzipation und das genaue Gegenteil von dem Gesellschaftsentwurf der AfD. Es vergeht kein Tag, an dem die Partei nicht gegen Muslime, Eingewanderte oder Geflüchtete hetzt, und auch ihr Frauenbild ist rückwärtsgewandt und reaktionär.

Wir hoffen, dass der Parteitag nicht ohne Proteste stattfinden wird.