Olga Petersen

Querulantin ohne Grenzen nach Rechts

Screenshot Facebook Olga Petersen und Peter Wolfslast

Olga Petersen kandidiert auf Platz 2 der Hamburger AfD zur Bundestagswahl und ist, nach dem überraschenden Verzicht von Monika Winkler auf ihr Mandat, nun die einzige Frau der Bürgerschaftsfraktion. Sie kam mit 16 Jahren als Tochter russlanddeutscher Eltern nach Deutschland und erfährt einige Unterstützung aus der russlandstämmigen Community. Entsprechend konnte sie, die zur Bürgerschaftswahl 2020 abgeschlagen auf Platz 9 kandidierte, das drittbeste Ergebnis an Personenstimmen (4.018) erzielen und zog in die Bürgerschaft ein.

In der Männer-Fraktion der AfD bediente Petersen im Wahlkampf die Themen, welche in patriarchalen Strukturen klassischerweise Frauen zugeschrieben werden: Frauen, Kinder, Erziehung und hier parteikonform mit klassischen rechten Positionen. So bekämpft Petersen Emanzipation, Gendermainstreaming und Frauenquote und beklagt eine angebliche „Frühsexualisierung“ von Kindern in den Schulen.

Rassismus im früheren Wahlkampf

Schon im Bürgerschaftswahlkampf wurde Petersen in den sozialen Medien sowohl in deutscher, wie auch in russischer Sprache besonders aktiv, und ließ sich dabei u.a. von der Merkel-muss-weg-Initiatorin Marie-Therese Kaiser schulen. Noch am 11. Februar 2020, also 9 Tage vor den Mordanschlägen von Hanau, bei dem auch Besucher*innen einer Shisha-Bar ermordet wurden, hatte Petersen am Steindamm gefilmt und gegen Shisha-Bars mobilisiert: „Steindamm, es ist meine Heimat. Ja, ist es auch, aber die verändert sich leider zum Negativen. Wir haben immer mehr Shisha-Bars, türkische Läden, Dönerbuden hier. Wie viel davon verträgt meine Heimat noch? Mein Gefühl sagt mir nicht mehr viel.“ Hier wird Petersens völkischer Rassismus klar deutlich: Während sie auf der einen Seite, die als türkisch gelesenen Menschen und ihre Einrichtungen als fremd und als negative Veränderung beklagt, erklärt sie auf der anderen Seite den Steindamm zu ihrer „weiß-deutschen“ Heimat. Dies obwohl sie selbst einen Migrationshintergrund hat und deutlich kürzer in Deutschland lebt als viele in St. Georg ansässigen Menschen und Institutionen. Brandstifter*innen wie Petersen bereiten ideologisch mit Worten vor, was andere dann mit Taten umsetzen. Viele Spuren führten von Hanau zur AfD, die nun von ihrer antimuslimischen Hetze nichts mehr wissen will. Auf ihrer Facebook-Seite stellte sich die Kandidatin aus dem Wahlkreis 17 Süderelbe zudem vor Björn Höcke. Dieser dürfte zwar „Faschist“ genannt werden, doch das bedeute „noch lange nicht“, „das (sic!) er auch einer ist!“

Radikalisierung seit der Bürgerschaftswahl

Screenshot Facebook: Petersen und Nicole Jordan

Seitdem hat sich Petersen deutlich radikalisiert, was ihre vielfältigen von ihr selbst stolz dokumentierten Kontakte deutlich machen. So posierte sie mehrfach mit der Hamburger Front-Frau des völkischen Flügels der AfD, Nicole Jordan ,z.B. für einen Frauenstammtisch der AfD oder Sitzungen des Bezirksverbandes Mitte. Im Dezember 2020 gab sie dann dem wohl umstrittensten Mann der Hamburger AfD ein 90-minütiges Interview. Peter Wolfslast wird ebenfalls dem offiziell aufgelösten Flügel um Björn Höcke zugerechnet und war aufgrund seiner äußerst rechten Positionen in der Partei schon lange umstritten. Wolfslast nahm zuvor mehrfach an den Merkel-muss-weg-Aufmärschen statt. Und er postete einen Monat vor dem Petersen-Interview auf Youtube einen Aufruf zur Gewalt mit der Aussage „Die Zeit des friedlichen Widerstandes ist vorbei“, den der Hamburger Verfassungsschutz zitiert und als Beleg für die Radikalisierung der Hamburger AfD anführtInzwischen hat Wolfslast die AfD verlassen (müssen).

Screenshot Facebook: Olga Petersen Konferenz der freien Medien mit Gottfried Curio, Klonovsky, Reitschuster, Vadim Derksen

Auch überregional suchte Petersen immer wieder den Kontakt mit Personen, die am äußersten rechten Rand agieren. Den Chefredakteur der neurechten Zeitschrift Junge Freiheit besuchte sie extra in Berlin in seinem Büro und ein Buch des neurechten Vordenkers Karlheinz Weißmann schenkte sie schon 2019 ihren Kindern zu Weihnachten. Bei der 2. Alternativen Medienkonferenz, welche die AfD 2020 im Deutschen Bundestag mit Blogger*innen, Influencer*innen, rechten und rechtsextremen Medien veranstaltete, zeigte sich Petersen auf Fotos in illustrer brauer Umgebung: MdB Gottfried Curio, dessen Aussagen für den Verfassungsschutz teilweise „die Grenze der verfassungsschutzrechtlich zulässigen Kritik“ verletzten,, Michael Klonovsky, neurechter Autor in zahlreichen Publikationen. Boris Reitschuster, ein Journalist, der Desinformation und Propaganda im Zuge der Corona-Pandemie verbreitet; und mit Vadim Derksen, Vorsitzender der geheimdienstlich beobachteten Jungen Alternative in Berlin mit mehrfach belegten Kontakten zur Identitären BewegungSchließlich gab Olga Petersen bei der 2. Alternativen Medienkonferenz noch Michael Stürzenberger von dem größten rechtsextremistischen Online Portal Deutschlands namens PI-News ein Interview. Der Interviewer wird seit Jahren vom bayrischen Verfassungsschutz beobachtet und dort namentlich erwähnt.

Screenshot Facebook: Interview beim größten rechtsextremistischen Blog Deutschlands

In der Bürgerschaft

In der Bürgerschaft stach die ehemalige medizinische Angestellte aus der ehemaligen Sowjetunion durch zwei Dinge hervor: Erstens ist sie laut Bildzeitung die einzige von 123 Abgeordneten, die sich partout nicht gegen Corona impfen lassen will. Dies passt zu ihren Bürgerschaftsanfragen, welche oftmals die Corona-Maßnahmen in Zweifel ziehen und Sympathie mit Corona-Leugner*innen erkennen lassen.

Screenshot Facebook: Olga Petersen Aufmarsch August 2020 Berlin

Mehrfach nahm Petersen an Aufmärschen diese Spektrums teil, so auch an dem berüchtigten Aufmarsch im August 2020 an dem auch Reichsbürger*innen, Neonazis und NPD-Angehörige teilnahmen und versucht wurde den Reichtstag zu stürmen. Einen Tag später behauptete Petersen dann, dieser Angriff seien manipulierte Filmaufnahmen, welche die „Systemmedien“ von der Antifa übernommen hätte. Zweitens verglich sie gleich in ihrer Antrittsrede das Hamburger Parlament mit dem Diktator Stalin, der mit „geradezu prophetischer Voraussicht“ den „heutigen Umgang mit der AfD“ durch die anderen Parteien vorweggenommen habe. Der stalinschen Maschinerie zur Unterdrückung seiner politischen Gegner, würde heute die Bürgerschaft entsprechen.

Querulantin der Partei?

Im Oktober 2020 zeigte Olga Petersen den Geschäftsführer der eigenen Fraktion, Thorsten Prenzler wegen angeblicher Urkundenfälschung, Missbrauchs von Titeln und wegen Betruges an, was im Januar 2021 öffentlich bekannt wurde. Zusätzliche Brisanz bekam dieses, da Prenzler schon in der Vergangenheit wegen Betruges rechtskräftig verurteilt wurde. Ebenfalls im Januar kam eine weitere, diesmal anonyme Anzeige gegen ihn hinzu: Wegen der angeblichen Lockerungen von Radmuttern an Petersens Auto. Petersen selbst zeigte sich gegenüber der Presse überrascht angesichts der Anzeige. Ebenfalls anonym erfolgte eine Anzeige wegen angeblichen Stalkings einer jungen Mitarbeiterin der AfD durch Prenzler. Und im März 2021 wurde schließlich eine Anzeige gegen den Fraktionsgeschäftsführer wegen angeblicher Unterschlagung von Baumaterial öffentlich bekannt. Die Ermittlungen wegen Stalkings und des PKW-Anschlags wurden, ebenfalls im März, eingestellt. Die Bürgerschaftsfraktion war von dieser Schlammschlacht not amused. Die Vorwürfe der Abgeordneten Petersen seien nicht neu. Die Fraktion habe sich eingehend damit befasst und festgestellt, dass die Vorwürfe falsch und grob ehrabschneidend sind. AfD-Landesvorsitzender Dirk Nockemann (62): „Es war eine breit angelegte Kampagne von interessierten Kreisen.“ In ihrem eigenen Bezirk Harburg scheint Petersen auch umstritten zu sein: Als nach dem Ausscheiden von AfD-Bezirksabgeordneten eigentlich Petersen an der Reihe gewesen wären, zog die Bezirksfraktion andere Kandidaten vor, damit Petersen nicht zum Zuge kam. Die Taz berichtete im Juli von den neusten möglichen rechtsaußen Eskapaden: Laut einem anonymen Schreiben von Insidern hätten Petersen, Nicole Jordan und vierzig weitere Mitglieder einen Sonderparteitag zur Absetzung des jetzigen Landesvorstandes gefordert. Hintergrund sei die Unterstützung des Hamburger Landesvorstandes für den Ausschluss des Rechtsextremisten Andreas Kalbitz im Jahr 2020 auf Bundesebene. Kalbitz war neben Björn Höcke wichtigster Aktivist des Flügels und ehemals Landesvorsitzender in Brandenburg. Weder Petersen noch Jordan wollten gegenüber der Taz inhaltlich zu den Vorwürfen Stellung beziehen.

Trotzdem wird Petersen noch dringend gebraucht: Zur Mobilisierung der nicht unerheblichen russlanddeutschen Wähler*innen, als einzige Frau in der Fraktion und als unverzichtbar zum Erhalt des Fraktionsstatus. Würde nur eine weitere Person zurücktreten, dann wäre die Hamburger AfD-Fraktion Geschichte.