Europa-Kandidat der AfD Hamburg war bei Identitärer Bewegung aktiv

20.07.2019 Straßenfest der Identitären Bewegung in Halle, Quelle: Presseservice Rathenow

Bei der Europawahl im Juni tritt mit dem Hamburger AfD-Kandidaten Michael Schumann ein aufstrebender Rechter an, der Teil eines tiefbraunen Netzwerks ist, das bis zum Multifunktionär Götz Kubitschek reicht.

Schumann kandidiert nicht nur bei der Europawahl, sondern bekleidet auch auf Bundes- und Landesebene verschiedene Positionen. So ist er im Bundesvorstand der „Jungen Alternative“, Vorsitzender der „Jungen Alternative“ Hamburg, Vorstandsmitglied des Hamburger Bezirks Nord sowie angestellter Mitarbeiter in der Hamburger Bürgerschaft.

Schumanns Anfänge in der „Identitären Bewegung“

25.8.2018 Versammlung Europa Nostra der Identitären Bewegung in Dresden, Quelle: Pixelarchiv

Bislang machte AfD Watch Hamburg öffentlich, dass Schumann in der extrem rechten „Landsmannschaft Mecklenburgia Rostock“ (LMR) aktiv ist. Neue Erkenntnisse zeigen, Michael Schumann war auch bei der „Identitären Bewegung“ (IB) aktiv. Am 25. August 2018 nahm Schumann an der Versammlung „Europa Nostra“ der „Identitären Bewegung“ in Dresden teil. Ein Foto zeigt ihn im T-Shirt der IB. Und auch am 20. Juli 2019 tauchte Michael Schumann in einem T-Shirt der IB in Halle an der Saale auf. Dort feierte die IB ein Straßenfest vor ihrem Hausprojekt, das immer wieder Ausgangspunkt rechter Angriffe war. Doch Schumann besuchte nicht nur Events der IB, er trieb auch die Propaganda im Netz voran. Er ist verantwortlich für das IB-Tarn-Projekt Literaturklub „Junge Flamme“ bei Instagram und Telegram. Die Kanäle wurden Ende 2019 erstellt (Instagram mittlerweile gelöscht) und kündigten in der verharmlosenden Selbstbeschreibung „Konservative Kultur-, Bildungs- und Jugendarbeit“ an. Mit Lesekreisen, Seminaren und Vorträgen sollten Jugendliche für das rechte Netzwerk rekrutiert werden. Die letzten Beiträge von Ende 2023 weisen auf die extrem Rechte Zeitschrift „Wir selbst“ hin.

Dass Schumann stets über Organisationsgrenzen hinweg die faschistische Idee im Blick hat, zeigt auch eine denkwürdige Veranstaltung auf dem Haus der „Hamburger Burschenschaft Germania“ (HBG). Am 3. Mai 2018 wurde bei der extrem rechten Burschenschaft eine sogenannte Zeitzeugenveranstaltung mit Erich R. durchgeführt, an der auch Michael Schumann teilnahm. Bilder belegen, wie Schumann mit Moritz Schellenberg (damals IB) und weiteren jungen Burschenschaftern zusammen Getränke für die Veranstaltung organisiert. Zu jener Zeit versammelten sich die Mitglieder der „Identitären Bewegung Hamburg“ regelmäßig auf dem Haus der HBG und trainierten dort u.a. Kampfsport mit dem Hamburger Neonazi Thomas Gardlo.

Ein Teil seiner Aktivitäten dokumentierte Schumann damals über den mittlerweile gelöschten Instagram Account „Neo Hammonia“. In Anlehnung an Donald Trump propagierte er dort „Make Europe Great Again“- ein Slogan, den die extreme Rechten in ganz Europa verwendet. Im August 2019 reiste Schumann nach Russland. Ein Foto, das er mit den Worten „Spaziergang im Kreml“ veröffentlichte, kommentierte ein Account mit den Worten „Grüß den Chef“. Ein Bild aus Dezember 2019 zeigt ihn bei einer Reise nach Paris, wo er mit dem Neonazi Simon Kaupert unterwegs war. Kaupert war bei der Jungendorganisation der NPD „Jungen Nationalisten“ (JN) und der IB aktiv. Heute ist er Leiter des extrem rechten Medienprojekts „Filmkunstkollektiv“ und arbeitet für „Ein Prozent“.

Faschistische Kaderschmiede Kubitschek

Instagram Profil von Michael Schumann, mitlerweile gelöscht

Michael Schumann nahm auch mehrmals an Veranstaltungen vom „Institut für Staatspolitik“ (IfS) in Schnellroda in Sachsen-Anhalt teil. Das IfS gilt als neofaschistische, elitäre Kaderschmiede und Vernetzungsort. Gründer Götz Kubitschek verkündete nach 24-jährigen Bestehen des IfS vor wenigen Tagen die Auflösung. Wahrscheinlich ein strategischer Schachzug, um einem Verbot zuvorzukommen. Die Strukturen bestehen weiter. Unter anderem gründete Kubitschek dafür das Unternehmen „Menschenpark“ .

Michael Schumann und Margarete K. beim Wiener Akademiker Ball

Schumann war nachweislich 2019 und 2020 Teilnehmer von extrem Rechten Veranstaltungen in Schnellroda. Vermutlich lernte er auch dort seine Partnerin Margarete K. kennen. K. studiert in Hamburg und arbeitet für das Semester 23/24 als studentische Hilfskraft der Universität Hamburg. Margarete K. ist die erste Tochter von Götz Kubitschek und erfuhr eine entsprechend völkische Erziehung. In ihrer Freizeit ist K. beim „Freibund“, einem völkischen Jugendbund aktiv. Auch nimmt sie regelmäßig an extrem Rechten Events teil, zuletzt besuchte sie mit Michael Schumann im Februar dieses Jahres den Wiener Akademikerball der FPÖ. Ebenfalls vor Ort war IB-Kader Martin Sellner.

Unterstützung hat der Hamburger Kandidat selbstverständlich auch vom Landesvorsitzenden. Zur Wahl von Michael Schumann auf Listenplatz 24 gratuliert der Hamburger AfD-Chef Dirk Nockemann: „Mit ihm haben wir einen AfD-Politiker der neuen Generation, der anpacken will für unsere Heimat und ein Europa der Vaterländer“. Die AfD habe eine „schlagkräftige Truppe für Europa“ aufgestellt.

Dass die AfD in Hamburg immer wieder als gemäßigt beschrieben wird, ist eine gefährliche Verharmlosung. Allen voran wird diese seitens des Hamburger Geheimdienstes betrieben, an deren Einschätzung sich eine breite Öffentlichkeit orientiert. Dabei ist der aufgeklärten Zivilgesellschaft nicht erst mit Michael Schumann längst klar: Wer AfD wählt, wählt eine im Kern neofaschistische Partei.