Sozial- und Wirtschaftspolitik

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Der Sozialkompromiss

Die jahrelangen Auseinandersetzungen innerhalb der AfD bzgl. der Renten- und Sozialpolitik scheinen der Vergangenheit anzugehören. 2020 einigten sich die verschiedenen Flügel auf einen Kompromiss, das sogenannte „Konzept zur Sozialpolitik“. Darin bekennt sich die Partei „zum Sozialstaat, zur sozialen Marktwirtschaft und zur Solidarität und gegenseitigen Hilfe innerhalb unseres Volkes“ und macht einen Geburtenrückgang für angebliche „Verwerfungen in den Sozialsystemen“ verantwortlich. An diesem Geburtenrückgang seien z.B. der Feminismus, Abtreibungen und eine familienfeindliche Politik schuld. Im Klartext heißt das: Der Sozialstaat soll für Deutsche da sein und soziale Missstände auf Feindbilder abgelenkt werden.

Sozialdemagogie und Kampf gegen arme Menschen

Sozialdemagogie ist auch das Markenzeichen der AfD Hamburg, natürlich wird vor allem gegen Migrant*innen und geflüchtete Menschen gehetzt. Einige Beispiele: Nicole Jordan, Fraktionsvorsitzende von Hamburg Mitte und Frontfrau des offen faschistischen Flügels, ist gegen das Bürgergeld, da jede*r dritte Bürgergeldempfänger*in Ausländer*in sei. Selbstverständlich sind für die AfD Migrant*innen und Geflüchtete auch schuld an der Wohnungsknappheit. Damit ist auch das Gegenmittel für die AfD klar: „Abschieben schafft Wohnraum.“, so der stellvertretende Landesvorsitzende Alexander Wolf. Auf ihrer Facebook-Seite wettert die AfD-Hamburg, dass angeblich die Hamburger Friedhöfe verrotten, während „Milliarden für Migranten ausgegeben werden“. Der Abgeordnete Marco Schulz beklagte sich in einer Bürgerschaftssitzung über „aggressive Bettler in der Innenstadt“ und führte die Obdachlosigkeit in Hamburg auf einen „hohen Ausländeranteil unter den Obdachlosen“ zurück, was wiederum an „den bedingungslos offenen Grenzen“ liegen würde. So wird aus einem sozialen Problem ein „Ausländerproblem“.

Was arme Menschen von der AfD zu erwarten haben, zeigte der Landesvorsitzende Dirk Nockemann im NDR Sommerinterview. Er forderte einen Sichtschutz für die Drogenberatungsstelle „Drob Inn“ am Hamburger Hauptbahnhof, um die Tourist*innen nicht mit dem Anblick der Süchtigen zu belasten. Außerdem „sollte man auch überlegen, ob man diesen Platz nicht verlagern kann.“ Die AfD bekämpft lieber arme Menschen, als gegen die Armut selbst vorzugehen.

Kein Schutz für Mieter*innen

Wenn sich die Hamburger Partei jenseits von Hetze gegen ihr nicht genehme Menschen überhaupt mal zur Sozial- und Wirtschaftspolitik äußert, so steht sie zuverlässig auf Seiten von Besitzenden und Unternehmen und vertritt wirtschaftsliberale Positionen. Staatliche Regulierungen lehnt sie ab und setzt dagegen auf den Markt.
Im Frühjahr 2023 einigten sich die rot-grünen Fraktionen mit der Volksinitiative „Boden & Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten! Keine Profite mit Boden & Miete!“. Die Einigung beinhaltete ein Verbot des Verkaufs von Grund und Boden der Stadt Hamburg. Flächen, die für den Wohnungsbau bestimmt sind, sollen künftig nur noch im Erbbaurecht vergeben werden. Damit wird der Spekulation und dem Ausverkauf von städtischen Grundstücken vorgebeugt.
Die Einigung wurde von der AfD im Einklang mit den Immobilienverbänden heftig kritisiert. Für Alexander Wolf wird mit dem Verkaufsverbot „der Markt negativ beeinflusst.“, denn es „sind die Unternehmen, die tatsächlich Wohnungen bauen, und die werden von dieser rot-grünen Politik nachhaltig abgeschreckt.“ Für den Bürgerschaftsabgeordneten Krzysztof Walczak wird „ein in Ansätzen sozialistisches – weil eigentumfeindliches – wohnungspolitisches Programm in die Verfassung geschrieben“. Stattdessen will die AfD den Eigentumserwerb fördern. „Eigentum ist Freiheit und Eigentum schützt vor Altersarmut!“, so Wolf. Jegliche Maßnahmen zum Schutz von Mieter*innen lehnt die AfD ab und stellt sich so an die Seite der Immobilienunternehmen.

Kürzungspolitik und Privatisierungen

Die AfD ist eine Befürworterin einer harten staatlichen Kürzungspolitik, die auf die Schuldenbremse setzt. Investitionen in Infrastruktur haben keine Priorität, sämtliche Klimaschutzmaßnahmen lehnt sie ohnehin ab. Thomas Reich im Dezember 2023 in der Bürgerschaft: „In diesen Zeiten heißt es maßhalten und Prioritäten setzen. Nicht die Schuldenbremse muss weg, sondern die Ampel, der rot-grüne Senat und die irrwitzige Klimapolitik.“ Gleichzeitig möchte sie die Grund-, Grunderwerbs- und Gewerbesteuer abschaffen, ebenso die Erbschaftssteuer. Woher das Geld für Hamburg kommen soll wird nicht gesagt, verwiesen wird nur auf Einsparungen beim Klimaschutz und auf eine angebliche Kostenexplosion bei der Migration. Auf Sozial- und Umweltprojekte dürften schwere Zeiten zukommen, sollte sich die AfD mit ihrer Linie durchsetzen.

In ihrem Grundsatzprogramm fordert die Partei einen „schlanken Staat“, der sich auf die Bereiche „innere und äußere Sicherheit, Justiz, Auswärtige Beziehungen und Finanzverwaltung zu konzentrieren habe“. Der Staat solle sich also aus der Wirtschaft weitgehend heraushalten. Dementsprechend setzt die AfD immer wieder auf Privatisierung von staatlichem Eigentum. Alexander Wolf bezeichnet sich in der Bürgerschaft als „Freund von Privatisierungen.“ und führt weiter aus: „Privatisierungen sind dort sinnvoll, wo der Staat in die Wirtschaft eingreift. Das ist nicht Aufgabe des Staates. Private Bürger sind so gut wie immer besser in der Lage und wirtschaften besser mit ihrem eigenen Geld, als es der Staat tut.“ Auch gegen den Teilverkauf des Hamburger Hafens hat die AfD grundsätzlich nichts einzuwenden. Krzysztof Walczak kritisierte in der Bürgerschaft lediglich, dass „andere potentielle Investoren (als MSC, der Verfasser) nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden“. Er fügte hinzu, dass es richtig sei „Private zu beteiligen“. Man ahnt, was eine AfD im Senat für die Hamburger Infrastruktur und die städtischen Unternehmen bedeutet würde.

Feindbild Gewerkschaften

Gewerkschaften sind ein weiteres Feindbild der AfD. Antigewerkschaftliche Parolen finden sich zuhauf bei der AfD. Ein führender Vertreter der AfD bezeichnete einmal die Gewerkschaftszentralen als „Wurmfortsätze der SPD und der Linken“.
Von Rechten für abhängig Beschäftigte hält die AfD nicht viel. Für Marco Schulz ist etwa Betriebsratsbehinderung eine „Verschwörungstheorie“, „ein Phantasieproblem“ und „findet nur in Einzelfällen statt“. Ein Antrag der Linksfraktion über die Einrichtung einer Beratungsstelle „Behinderung der Mitbestimmung und gewerkschaftlicher Organisierung“ wurde von der Bürgerschaft an den Sozialausschuss übergeben. Als einzige Fraktion stimmte die AfD dagegen.
Das Arbeitszeitgesetz hingegen sollte nach Meinung von Schulz überarbeitet werden, da es zu starre Vorgaben mache. Bürokratieabbau heißt das übliche Wort der AfD dafür, Schutzgesetze zu verwässern. Der Arbeitgeberverband könnte es nicht besser ausdrücken.

Fazit

Sozialpolitik wird von der AfD in erster Linie verwendet, um Stimmung gegen Minderheiten zu machen. An Lösungen von Problemen hat sie kein Interesse. Sie steht trotz aller sozialen Rhetorik an der Seite der Reichen und Mächtigen. Abhängig Beschäftigte, Rentner*innen oder Menschen, die Transferleistungen beziehen, haben von der AfD nichts zu erwarten.