War da was? Medien normalisieren AfD durch Berichterstattung zum Parteitag

Stolz teilte die AfD-Fraktion Hamburg auf Twitter den Beitrag des NDR über ihren Programmparteitag, inklusive Zitat über „Klimahysterie“. Kein Wunder: Zweieinhalb Minuten Hofberichterstattung, in der Nockemann, Walczak und andere Listenkandidaten ohne kritische Nachfragen oder Umrahmung ihre Hetze ins Mikrofon sagen dürfen. Andere Medien waren gar nicht vor Ort und schrieben dann einfach die AfD-Pressemitteilung ab – mit derart unkritischem Nicht-Verhalten machen die Hamburger und überregionalen Medien es der AfD jedenfalls sehr, sehr einfach.

Dass die großen Medien eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Normalisierung der AfD und ihrer Positionen spielen, ist spätestens seit der Wahl in Brandenburg klar. Eine Reporterin des ARD nannte eine hypothetische Koalition zwischen AfD und CDU „bürgerlich“, was natürlich weidlich ausgenutzt wurde zur Selbstverharmlosung. Danach gab es Kritik – wie alltäglich aber das Versagen der Medien im Umgang mit der AfD ist, zeigt die Nicht-Berichterstattung zum Landesparteitag in Hamburg am vergangenen Wochenende.

War da was? Medien ausschließen nicht mehr nötig

Die AfD ist bundesweit bekannt für ihren ablehnenden und instrumentellen Umgang mit Medien. „Lügenpresse“-Sprechchöre auf AfD-Demos, Höcke, der ein Interview beleidigt abbricht, weil er kritisch hinterfragt wurde, und immer wieder Ausschluss von Medienvertreter*innen von zentralen Parteiereignissen. In Hamburg scheint das gar nicht mehr nötig zu sein: außer dem NDR hatte offensichtlich keins der großen Medienhäuser Vertreter*innen zum Parteitag geschickt. Nach Personal-Zoff am vorherigen Wochendende, Informationen über ausgebliebene Finanzberichte und dem bundesweiten Aufwind, in dem sich auch die Hamburger AfD seit den letzten Wahlen im Osten befindet, unverantwortlich.

Wir schreiben dann einfach die AfD-Pressemitteilung ab, ok?

Sich nicht zum x-ten Mal über die undemokratischen Praktiken der AfD aufregen und daran abkämpfen zu wollen, ist vielleicht gerade noch verständlich. Dass dann aber offensichtlich nicht ein*e einzige*r Journalist*in auf die Idee kam, nach dem Parteitag mal kritisch nachzufragen, was da los war, das ist unverantwortlich. Welt, Abendblatt und NDR veröffentlichten nach der Wahl jeweils kurze, nahezu gleichlautende Berichte, die offensichtlich im Wesentlichen die Pressemitteilung der AfD wiedergaben. Kritische Nachfragen oder wenigstens eine Einordnung des Programms? Fehlanzeige. So reproduzieren alle großen regionalen und überregionalen Medien die Wortwahl und das Framing der AfD. Gehetze gegen die Grünen und ihre „Klimahysterie“ wird hingenommen als legitime Bestimmung eines politischen Hauptgegners. „Fokus auf Innerer Sicherheit“ heißt die rassistische Aufladung einer law&order-Politik, die in Vertreibung und Überwachung münden soll.

Besonders grässlich dieser Absatz aus dem NDR-Bericht: „Außerdem will die AfD auf die Agenda setzen, gewalttätige Antifa-Gruppen als terroristische Vereinigungen einzustufen. Die Rote Flora soll zudem geräumt werden. Außerdem will die AfD der Hamburger Uni Vorschriften machen, sie fordert, Forschungen zur Gechlechterrolle – die Genderstudies – abzuschaffen, weil sie angeblich unwissenschaftlich sind“. Hallo? Massiver Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft? Eine neue Terrorismus-Definition einführen, die keinerlei Lehren aus den letzten rechten Terroranschlägen zieht? Und alles keine Nachfrage wert?

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Material für kritische Nachfragen hätte es durchaus gegeben. So war einerseits die Tatsache im Vorfeld bekannt, dass die AfD seit 2016 keine Finanzberichte abgeliefert hat. Andererseits war auch der Entwurf zum Parteiprogramm bereits im Vorfeld bekannt, und der enthält abseits der launigen Kleinigkeiten, die die AfD selbst in ihrer Presseerklärung preisgeben wollte, eine Menge Widerliches – unter anderem auch die Abschaffung der Rundfunkgebühren.

Wenn schon für Hamburger Medien offener Rassismus, ein Nicht-Verhalten zum Rechtsterrorismus und eine fragwürdige Einstellung zur Freiheit der Wissenschaft nicht berichtenswert erscheinen – dann sollte doch zumindest dieser im Wahlprogramm der AfD Hamburg verankerte Punkt auf größeres mediales Interesse stoßen. In Zukunft will die AfD Medien nicht nur weiter von ihren Machenschaften auszuschließen, sondern einen großen Teil selbiger gleich ganz abzuschaffen.