Sein Auftrag: Anti-Antifa-Arbeit! Wie Alexander Wolf Daten über Linke sammelt

Menschen, die konsequent und beherzt gegen Rechts vorgehen und sich dabei einer antifaschistischen Tradition verpflichtet sehen, sind für die AfD äußerst lästig. So arbeitet die extrem rechte Partei bundesweit daran, Antifaschismus pauschal als „linksextrem“ zu stigmatisieren und zu kriminalisieren. In ihrem Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl 2020 stuft die AfD Hamburg nun antifaschistische Gruppen als „terroristische Vereinigungen“ ein (s. Leitentwurf für das Wahlprogramm der AfD Hamburg, S. 14).

Vor allem der Co-Fraktionsvorsitzende Alexander Wolf fällt als besonders eifriger Anti-Antifa-Rechercheur auf. Der völkisch-nationalistische Burschenschaftler inszeniert sich gern in der Rolle des akribischen Chronisten linker und gegen-Rechts-gerichteter Aktivitäten. Mit Hilfe des Instruments der parlamentarischen Anfragen versucht er immer wieder möglichst personenbezogene Daten und Projektinterna aus internen Verfassungsschutzberichten zu erfragen. Zusammen mit seinem zweiten großen Aktivitätsfeld „Schulen“ wird hier das Profil eines Abgeordneten deutlich, der die Ankündigung Alexander Gaulands, kurz nach der Bundestagswahl 2017, „Wir werden sie jagen“, in Hamburg konkret umsetzt.

Abgeordneter Wolf: Auf emsiger Suche nach Antifa-Stickern

Jüngstes Beispiel ist seine Anfrage „Verfassungsfeindliche linksextremistische Aktivitäten an der Max-Brauer-Schule (DRS 21/18377). Jeder antifaschistische Sticker an Pinnwänden und Schultüren wird von Wolf skandalisiert, die „Beweis-Fotos“ zeigen auch, dass die AfD ihre Spitzeltätigkeit bis in geschützte Klassenräume hinein verfolgt.

In der Kategorie „Politischer Gegner“ sammeln wir von AfD-Watch Hamburg alle Anfragen & Anträge der AfD, die speziell auf linke Personen, Projekte & Initiativen zielen. Dokumentiert wird, wie die AfD mit Hilfe des parlamentarischen Anfragerechts diejenigen anzugehen versucht, die sich ihr vehement entgegen stellen. Antirassist*innen, Antifaschist*innen, engagierte Kunst- & Kulturprojekte, Vertreter*innen der parlamentarischen und außerparlamentarischen Linken.

Eine Auswahl typischer AfD-Anfragen im Feld „Politischer Gegner: „Förderung parteinaher politischer Stiftungen (Jahresabfrage 2018),Beobachtung linksextremistischer Gruppierungen seit 2015“, „Förderung des Bürgerhauses Wilhelmsburg“, „Unterstützung der ,Erklärung der Vielen‘ durch die Behörde für Medien und Kultur I-IV“,Veranstaltungen im Gängeviertel“, „Anti-AfD-Workshop gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung“, „Spenden an die Rote Flora steuerlich absetzbar?“,„Linksextremistische Wandschmierereien“.

AfD-Anfragen & Anträge vom 1.6.2018 bis 15.8.2019 im Feld „Politischer Gegner“
Dr. Alexander Wolf (AfD)

30

Dirk Nockemann (AfD)

15

AfD Fraktion

8

Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD)

5

Hans Harald Andreas Feineis (AfD)

3

Peter Lorkowski (AfD)

2

Andrea Oelschläger (AfD)

1

Detlef Ehlebracht (AfD)

1

Gesamtergebnis

65

„Wir werden sie jagen“ – konkret umgesetzt

Dass der ambitionierte Datenjäger Alexander Wolf da schon mal übers Ziel hinaus schießt, zeigt eine große Anfrage, die sich als Bumerang für die extrem rechte Partei erwiesen hatte. Mit einem 37-seitigen Fragenkatalog wollte die AfD-Fraktion in der parlamentarischen Sommerpause im August 2018 über die „Verflechtungen und Kontakte der Partei DIE LINKE Hamburg zu links-extremistischen Gruppierungen (DRS 21/17798) informiert werden. Diese Anfrage ist in mehrfacher Hinsicht schockierend. Erkennbar wird, dass Wolf (und seine Mitarbeiter) seit Jahren gezielt Daten & Informationen aus einem weit gefassten linken Spektrum (Orte, Personen, Demonstrationen, private Kontakte, Flyer, Social-Media-Post) sammelt und auswertet. 44 Fälle sind in dieser Anfrage aufgelistet, die die AfD im Vorwort als „Stoffsammlung“ verharmlost.

Der Wissensdrang von Alexander Wolf kennt jedenfalls keine Grenzen: Erfragt werden Namen von Demoanmelder*innen und ihre jeweiligen Verbindungen zur Partei DIE LINKE. Darunter fallen sowohl die Anmelder*innen der Seebrücken-Demonstration, einer Anti-Kriegs-Demonstration, diverser Anti-Nazi- und Anti-AfD-Demonstrationen, als auch Versammlungen linker Kurd*innen und die „Demo gegen den Pflegenotstand“ sowie der „Mietenmove“. Dabei sind Privatpersonen als Demonstrationsanmelder*innen besonders geschützt, was nicht nur bei Anti-Nazi-Protesten mehr als einleuchtet.

Der „Stoff“ aus dem Todeslisten entstehen

Die große Anfrage der AfD erfolgte just zu einem Zeitpunkt, als die Debatte um „Feindeslisten“ an Fahrt aufgenommen hatte, u.a. weil im Netz ein großer Datensatz des Nazi-Netzwerks „Nordkreuz“ auftauchte, der die Namen Tausender politischer Gegner enthielt und mit dem Hinweis versehen war, dass man für den „Tag X“ vorbereitet sei – auch einige hundert Betroffene aus Hamburg waren dabei. Der Senat hatte insofern darauf reagiert, als dass er alle Teile der großen Anfrage hat schwärzen lassen, die Hinweise auf private Namen geben könnten. Die Parlamentsdatenbank der Bürgerschaft solle nicht „zum Nachschlagewerk für rechtsextreme Aktivitäten werden, so die Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit gegenüber dem NDR.

Dass der Senat personenbezogene Daten nun stärker als in der Vergangenheit schützen will, ist erfreulich. Warum der AfD-Fraktion überhaupt sensible Informationen über Privatpersonen, die sich beispielsweise gegen Rechts engagieren, anhand gegeben werden, erschließt sich AfD-Watch Hamburg nicht. Was bedeutet es insgesamt für das hohe Gut des Anfragerechts der Opposition, wenn mit der AfD in der Bürgerschaft eine Partei sitzt, die zwar demokratisch gewählt, aber nicht unbedingt demokratisch verfasst ist? Dies wird in Zukunft sorgsam abzuwägen sein.