
10. Februar 2025
Es reicht längst nicht mehr aus, Nazis beim Namen zu nennen. Um wirksam neonazistischen Strukturen und der Verbreitung von menschenverachtender Hetze in Hamburg entgegenzutreten, haben wir uns 2005 mit vielen Gruppen und Initiativen spektrenübergreifend zum Hamburger Bündnis gegen Rechts zusammengeschlossen. Gemeinsam sind wir stärker gegen Rechts und können antifaschistische Positionen in Hamburg verbreiten und anschlussfähig machen. Wir klären in Pressemitteilungen und in Veranstaltungen über die AfD, Burschenschaften und neonazistische Strukturen auf und organisieren breite zivilgesellschaftliche Proteste gegen Rechts.
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen
Die AfD ist eine in Teilen faschistische Partei und verbreitet Hass und Hetze. Sie überschreitet bewusst Grenzen und trägt dazu bei, dass Neonazis motiviert werden, Gewalttaten gegenüber Menschen auszuüben. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, der AfD jeden Raum zu nehmen, in dem sie ihre Propaganda verbreiten möchte. Wir sorgen mit Briefen und Aufklärung über die AfD dafür, dass die AfD regelmäßig ihre Räumlichkeiten gekündigt bekommt und jede doch stattfindende Veranstaltung wird mit lautem Protest begleitet. Ob Bundesparteitage, Landesparteitage oder die Veranstaltungen „AfD-Fraktion im Dialog“, wir sagen: Faschist*innen haben in Parlamenten nichts zu suchen.
Auch im Wahlkampf werden wir nicht auf dem Sofa sitzen bleiben. Gemeinsam mit Aufstehen gegen Rassismus, der Interventionistischen Linken und dem Offenen Antifatreffen laden wir dazu ein, die Wahlkampfstände der AfD in den Stadtteilen mit lautem Protest zu begleiten und die Menschen über die Positionen der AfD aufzuklären. Weil rechte Positionen nicht nur an den Wahlkampfständen der AfD verbreitet werden, sondern auch zunehmend in der Familie oder im Bekanntenkreis, gibt es von Aufstehen gegen Rassismus eine Stammtischkämpfer*innenausbildung, bei der gelernt werden kann, wie wir schlagfertig auf rechte Äußerungen reagieren können und rechte Narrative enttarnen können.
Die AfD bekommt immer mehr Sitze in Parlamenten und damit mehr politische Macht und Gelder, um ihre menschenfeindliche Ideologie umzusetzen. Um dieser zunehmenden Gefahr entgegenzutreten, haben wir uns nicht nur im Hamburger Bündnis gegen Rechts zusammengeschlossen, sondern arbeiten auch in bundesweiten Aktionsbündnissen mit, um AfD-Bundesparteitage zu blockieren. Wir haben uns im Juni am Aktionsbündnis Widersetzen beteiligt, um den Bundesparteitag in Essen zu verhindern. In Essen waren 70.000 Menschen auf der Straße und mit 7.000 Menschen in den Blockaden konnten wir erfolgreich den Parteitag verzögern. Widersetzen ist ein breites Bündnis, in dem antifaschistische und feministische Gruppen, Gewerkschaften, die Klimabewegung, migrantische Gruppen, sowie Studierende und Schüler*innen zusammenkommen, um der AfD den Raum zu nehmen. Obwohl wir mittendrin sind, müssen wir jede Gelegenheit ergreifen, unseren Aufschrei lauter werden zu lassen. Wenn wir eine Welt ohne Faschist*innen wollen, heißt das manchmal auch unbequeme Wege gehen oder mit Widersetzen in der Kälte sitzen.

Gegen Burschenschaften in der Nachbarschaft, auf dem Kiez und auf dem Wasser
Die neofaschistische Hamburger Burschenschaft Germania musste nach jahrzehntelangen Protesten und einer erfolgreichen Klage der Nachbarschaft 2022 aus der Sierichstraße in Winterhude ausziehen. Ihr neues Burschenschaftshaus hat sie in Marienthal, wo sich ebenfalls eine Nachbarschaftsinitiative zur Wehr setzt. Die Initiative „Marienthal bleibt bunt“ organisierte am internationalen Holocaustgedenktag am 27. Januar eine Demonstration, an der 400 Menschen teilnahmen. Während der Abschlusskundgebung vor dem Burschenschaftshaus in der Jüthornstraße zeigte ein Burschenschaftler den Hitlergruß. Das war kein Ausrutscher, denn die Germania verherrlicht NS-Geschichte immer wieder. Einmal im Jahr lädt siezum Norddeutschen Heimatabend ein. Hier treffen sich nicht nur Buschenschaftler, sondern auch Mitglieder der Jungen Alternative, der Identitären Bewegung und andere Neonazis. Auch 2024 konnten wir zeigen, dass wir keine Nazis auf St. Pauli haben wollen. Wir sind mit 1500 Antifaschist*innen laut durch die Straßen gezogen. Wir werden die Aktivitäten der Germania und ihre Verstrickungen in neonazistische Netzwerke weiter offen legen und gegen ihre Umtriebe protestieren.
„Wer gegen Nazis kämpft kann sich auf den Staat nicht verlassen“,
sagte Esther Bejerano und kritisierte damit das staatliche Versagen in Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln, Solingen und im Fall des NSU-Komplexes. In diesem wurden Opfer nicht geschützt, sondern verdächtigt und diffamiert, Akten geschreddert, Ermittlungen durch den Verfassungsschutz behindert und über V-Männer Nazistrukturen mitfinanziert. 2001 wurde in Hamburg Süleyman Taşköprü vom NSU durch Kopfschüsse ermordet. Trotzdem gibt es hier immer noch keinen Unteruchungsausschuss, der zu einer lückenlosen Aufklärung beitragen könnte. 2023 lehnte die Hamburger Bürgerschaft zum dritten Mal einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ab. Wir fordern weiter einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und eine lückenlose Aufklärung. Auch bei den Morden in Hanau sind Lücken in der Aufarbeitung, die nach einer Aufklärung verlangen. Gemeinsam mit anderen Initiativen und Gruppen veranstalten wir jährlich im Februar eine Kundgebung, um an Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov zu erinnern und uns den Forderungen der Initiative 19. Februar Hanau „Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen“ anzuschließen. Es reicht nicht aus, wenn Trauer um die Opfer rassistischer Morde bekundet wird. Rechte Anschläge müssen lückenlos aufgeklärt werden, neonazistische Strukturen offen gelegt werden und Konsquenzen ergriffen werden.
„Der 8. Mai muss ein Feiertag werden!“
Dieser Forderung Esther Bejeranos zum 8. Mai möchten wir uns anschließen. Der Zulauf zu rechten Parteien in Europa zeigt uns, wie erschreckend wenig Menschen aus der Geschichte gelernt haben oder lernen wollen. Die Welt hat gesehen wohin Faschismus führt – Deutschland hat Europa und der Welt im Zweiten Weltkrieg unermessliches Leid zugefügt, Millionen Menschen ermordet und in den Tod getrieben. Im Holocaust wurden 6. Millionen Juden und Jüdinnen ermordet. Was passiert ist, kann wieder geschehen. Den 8. Mai zum Feiertag erklären würde bedeuten, einen Tag zu schaffen, an dem wir kollektiv zusammenkommen können, um zu erinnern und die Befreiung zu feiern. 2022 hat die Hamburger Bürgerschaft den 8. Mai zum Gedenktag erklärt. Am nächsten 8. Mai feiern wir den 80. Jahrestag der Befreiung. Auch dieser wäre eine gute Gelegenheit, den 8. Mai offiziell zum Feiertag zu erklären.

Solidarität statt Hetze
In einem zunehmend rohen gesellschaftlichen Klima, in dem das Asylrecht nahezu abgeschafft wird und die soziale Spaltung vorangetrieben wird, brauchen wir Orte des Austausches und der Solidarität. Wir wollen eine vielfältige, solidarische Gesellschaft für alle. Nicht nur die AfD, sondern auch die Regierungsparteien sind Teil des gesellschaftlichen Rechtsrucks. SPD, Grüne und FDP haben mit dem Sicherheitspakt das Asylrecht weiter ausgehöhlt und Überwachungsmaßnahmen verschärft. Gemeinsam mit der Seebrücke und vielen weiteren Gruppen gehen wir hiergegen auf die Straße und zeigen, dass Hamburg vielfältig und solidarisch ist.
Unsere Form des gemeinsamen Protestes alleine wird nicht ausreichen, um den Rechtsruck aufzuhalten. Dafür müssen wir uns auch in der Nachbarschaft, in der Schule, im Betrieb und im Sportverein stark machen und vielfältige Strategien gegen Rechts entwickeln, die auch die soziale Frage mit in den Blick nehmen. Wir müssen unsere Vision einer solidarischen Gesellschaft mit anderen teilen und gemeinsam für soziale Rechte streiten. Antifaschistisch handeln heißt auch für soziale Rechte für alle zu kämpfen und sich über antifaschistische Zusammenhänge hinaus zu vernetzen. Auch wenn sich darüber streiten lässt, was nun aktuell die richtige Strategie gegen Rechts ist, ist klar: Antifa ist und bleibt notwendig. Ob in Gesprächen an der Haustür, bei der Suppe im Stadtteil oder beim blockieren von AfD-Parteitagen, unsere unermüdliche Arbeit trägt dazu bei, dass Hass und Hetze der AfD entgegengetreten wird. Am Ende eint uns die Vision einer solidarischen Gesellschaft ohne Nazis.

